Wagen der Linie II am Hochheimer Friedhof
Im neunzehnten Jahrhundert gab es in vielen größeren Städten von Pferden gezogene Omnibusse. Dies war wegen des oftmals holprigen Straßenbelages eine ziemlich unbequeme Angelegenheit.
Die Pferde-Eisenbahnen, die sich in der Mitte des Jahrhunderts - aus Amerika kommend - in Europa durchsetzten, waren da schon komfortabler.
Die Wormser konnten sich für diese Art des innerstädtischen Personenverkehrs zunächst nicht begeistern.
Als sich aber in den achtziger Jahren die Elektrizität mehr und mehr durchsetzte und auch die Wormser ihr neu erbautes Theater mittels Glühlampen beleuchteten, kamen elektrisch betriebene Straßenbahnen in Mode.
1906 hieß der Karlsplatz noch Köhlerplatz
und das gute alte Elo hatte noch ein Türmchen
In den ersten Jahren des 20. Jahrunderts wurde man auch in Worms tätig: Verkehrszählungen wurden durchgeführt und Gutachten erstellt.
Zwar rechnete man nicht damit, dass eine Straßenbahn in Worms den Stadtsäckel füllt, doch entschloss man sich am 28. März 1905 zum Bau dreier Tramlinien. Die "Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft" (A.E.G.) wurde mit dem Bau beauftragt.
Ab dem 21. Dezember 1906 konnte die Bevölkerung mit der "Elektrisch" fahren.
Die Linie I führte vom Barbarossaplatz über den Marktplatz nach Pfiffligheim, Linie II endete in Hochheim und Linie III verlief vom Vorstadtbahnhof durch die Innenstadt nach Neuhausen.
Die Länge des Streckennetzes, welches von 16 Wagen befahren wurde, betrug somit annähernd neun Kilometer.
Kaiser-Wilhelm-Straße
1914 gab es Pläne die Wormser Straßenbahn nach Horchheim, Leiselheim, Osthofen, Lampertheim und Bürstadt auszudehnen - doch durch den Krieg konnten diese Vorstellungen nicht realisiert werden.
Wegen der Inflation und der damit verbundenen realen Einnahmeverluste drohte 1923 vorübergehend die Stilllegung. Aber die Wormser Straßenbahn überlebte diese Krise - 1940 wurde sogar ein bescheidener Gewinn erwirtschaftet.
Nach dem Krieg wurde das Liniennetz sogar bis nach Herrnsheim erweitert (23.10. 1948 - 1.1.1955), dafür wurde die Verbindung zum Vorstadtbahnhof nicht mehr aufgenommen.
Doch der Zahn der Zeit begann an der "Elektrisch" zu nagen: Die Gleisanlagen und das Rollmaterial waren in einem sehr schlechten Zustand. Darüberhinaus erhöhte sich die Unfallgefahr: Aufgrund der eingleisigen Streckenführung kam die Straßenbahn dem immer größer werdenden Individualverkehr auf der "falschen" Seite entgegen.
Die letzte Fahrt der "Elektrisch" (Das Apostelbräu kam wieder...)
Im August 1955 beschloss der Stadtrat die Umstellung auf Omnibusse und somit die Stilllegung der Straßenbahn.
Mit dem von der Feuerwehrkapelle intonierten "Muss i denn zum Städele hinaus" wurde die "Elektrisch" am 29. Januar 1956 verabschiedet.
Literaturhinweise |
Elster, Hubertus |
75 Jahre Verkehrsbetriebe Worms, Worms 1981 |
Häussler, Dr. Ralph |
Die "Elektrische", In: Worms 2006 - Heimatjahrbuch für die Stadt Worms - 1 (2005), S. 82 - 90 |