OSTHOFEN - GAU-ODERNHEIM

Zeugnis landesväterlicher Liebe und Fürsorge des Großherzoges Ernst Ludwig


Bahnhof Dittelsheim-Heßloch am Eröffnungstag (15. Mai 1897)
 
So ist der Tag erschienen im Flammenglanze nun,
Den Viele schon ersehnten, die längst in Frieden ruh'n.
Uns war es vorbehalten an das Werk erst zu gehen,
Das heute wir vollendet allsammt vor Augen sehen.
Das Ziel der Väter Wünsche war diese Bahn allein,
Sie sah'n in ihr des Landes Fortschreiten und Gedeih'n.
Mög' unsrem Volke bleiben stets segensreich ihr Lauf,
Den Fluren Heil verkündend wie jetzt - fortan, Glück auf!
Ein Denkmal sei der Nachwelt das Werk; es melde wie
Für sie einst Männer kämpften trotz Anfechtung und Müh'.
Es sei ein teuer Erbe ein Vorbild jederzeit,
Was treue Arbeit wirket stets in Beharrlichkeit.

(Theodor Jost in der "Festschrift zur Eröffnung der Bahnlinie Osthofen - Gau-Odernheim", 1897)


Bahnhof Gau-Odernheim, um 1950
 
Eine Bahn von Gau-Odernheim nach Worms - über die Notwendigkeit gab es Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts große Zustimmung.
Allein über die Streckenführung war man sich lange Zeit nicht einig.
Die eine Alternative führte von Oderneim über Dittelsheim, Heßloch, Westhofen, Gundheim, Abenheim und Herrnsheim nach Worms; die andere Alternative führte von Heßloch über Bechtheim nach Osthofen und dort auf die Hauptlinie.
 
Die Befürworter der Bechtheimer Variante waren der Meinung, dass die Verkehrsströme innerhalb der Provinz eben dieser Linie folgten und bei der Gundheimer Variante kein nennenswertes Verkehrsaufkommen zu erwarten wäre; die Befürworter der Gundheimer Streckenführung argumentierten, dass Osthofen bereits zwei Bahnen besitze, darüberhinaus sei die Strecke billiger zu bauen.


Bauarbeiten bei Dittelsheim-Heßloch
 
Zunächst schien alles auf die Realisierung der Gundheimer Linie zuzulaufen - im Jahre 1890 war die Strecke bereits exakt vermessen und mit Fahnen markiert. Im März 1893 entschied das rheinhessische Provinz-Komitee jedoch zugunsten der anderen Variante.
Über die exakte Linienführung wurden allerdings weitere heftige Diskussionen geführt. Insbesondere die Gemeinden Monzernheim, Dorn-Dürkheim und Hillesheim wollten sich an einer Finanzierung der Bahn nicht mehr beteiligen, da die projektierten Bahnhöfe zu weit ausserhalb lagen. Nach zähen Verhandlungen konnte man sich dann doch noch auf einen Kompromiss einigen (sogar die Stadt Worms, die eigentlich die andere Variante befürwortete, trug 10.000 Mark bei).
 
Ludwig Jost, Pfarrer zu Bechtheim, schrieb in der Festschrift zur Eröffnung der Bahnlinie:

"Für das hohe Interesse, welches Se. Königliche Hoheit, unser Großherzog Ernst Ludwig an den Ausführungsarbeiten in landesväterlicher Liebe und Fürsorge bezeugten, fühle ich an dieser Stelle mich verpflichtet, unseren allerunterthänigsten Dank auszusprechen. Dem allerhöchsten Wunsche entsprechend wurde die Arbeit in möglichst rascher Weise ausgeführt, so daß man die Grundarbeit, mit welcher man Anfang Juni 1895 begonnen, Frühjahr 1896 schon als vollendet übergeben konnte. Allerdings hatte der sehr milde Winter von 1895/96 das Seinige auch dazu beigetragen, da keine Unterbrechung der Arbeit stattfand. Dabei halte ich es für meine Pflicht der Männer rühmend und anerkennend zu gedenken, die in ihrer dienstlichen Stellung unseren Bestrebungen für Beschleunigung der Arbeit, uns allezeit mit allen Kräften unterstützend entgegen kamen, nämlich der Vertreter unseres Kreises Worms, der Herren Kreisrath Dr. Breidert und Regierungsrath Hombergk in Worms."

Bemerkenswert bleibt, dass es zunächst keine durchgehenden Zugverbindungen von Alzey über Gau-Odernheim nach Worms gab, sondern die Züge (4 Personenzüge täglich) nur zwischen Gau-Odernheim und Osthofen pendelten.


Bahnhof Osthofen, um 1910
 
Literaturhinweise
Bender, Heinrich Matthäus Bechtheim : Kleinod des Wonnegaues - seine Geschichte, Bechtheim 1976
Jost, Ludwig Festschrift zur Eröffnung der Bahnlinie Osthofen - Gau-Odernheim, 1897; Nachdruck im Amtsblatt Osthofen, Februar-Mai 1978