KANONENBAHNEN


Hindenburgbrücke bei Bingen
 
Verkehrswegeplanung wurde wohl schon seit der Antike auch unter militärstrategischen Aspekten betrieben. Die Bahnlinie von Gau-Algesheim über Gensingen nach Bad-Münster am Stein ist Resultat solcher Überlegungen.
Mit dieser Strecke sollte die Beförderung größerer Truppenmassen und Kriegsmaterialien in Richtung französischer Grenze gewährleistet werden.
Von der Gemeinde Langenlonsheim und vom Kreis Simmern (Hunsrück) wurde gefordert die Strecke von Gensingen über Langenlonsheim und von dort westlich der Nahe nach Kreuznach zu führen.
In Bingen war man verständlicherweise gegen das Projekt, denn es hätte zur Folge gehabt, dass der Verkehr von der Hunsrückbahn über Langenlonsheim an Bingen vorbei nach Mainz / Frankfurt geleitet worden wäre.


Hindenburgbrücke
 
Realisiert wurde die doppelgleisige Strecke - in der Landkarte unten schwarz eingezeichnet - dann direkt von Gau-Algesheim über Gensingen östlich der Nahe nach Kreuznach (15.5.1902).
 
Die Bahn wurde schon bald (bis in die heutige Zeit) für den Schnellzugverkehr Saarbrücken - Mainz / Frankfurt genutzt.

 
Am 16. August 1915 wurde mit der Strecke von Rüdesheim/Geisenheim nach Münster-Sarmsheim eine weitere strategische Bahnlinie eröffnet. Das bedeutendste Bauwerk war die "Hindenburg-Brücke". Sie war mit 1175 Metern die damals längste Rheinbrücke.
Nach der Nahebrücke bei Münster-Sarmsheim teilte sich die zweigleisige Strecke: Das südliche Gleis mündetet direkt in die Linie Bingerbrück - Bad-Kreuznach, das nördliche Gleis überbrückte diese bevor sie dann auf westlicher Seite einmündete (in der Landkarte blau eingezeichnet).
Desweiteren gab es am Südende der Hindenburgbrücke eine Verbindung nach Ockenheim (hier gab es auf beiden Seiten Auffahrrampen, in der Landkarte grün eingezeichnet).
Über einen Gleisbogen, welcher die Bahnlinie Gau-Algesheim - Bad Münster am Stein mit der Strecke Mainz - Bingen verband (in der Landkarte rot) konnte man auch von Bingen aus auf die Hindenburgbrücke gelangen.
 

Nahebrücke bei Münster-Sarmsheim
 
Ab dem 5. Juni 1925 waren auf der Strecke Geisenheim - Münster-Sarmsheim auch Personenzüge unterwegs. Später gab es sogar durchgehende Züge von Wiesbaden nach Bad Münster am Stein ("Bäderlinie").
Von Ockenheim zur Hindenburgbrücke verkehrten ab dem 15. März 1930 Personenzüge.
Auf den Tag genau 15 Jahre später wurde die Brücke (ebenso wie die Nahebrücke bei Münster-Sarmsheim) beim Rückzug der Wehrmacht in die Luft geprengt.
 
Während die Fundamente der Hindenburgbrücke auch heute noch an diesen Teil der Eisenbahngeschichte erinnern, wurden die Reste der Nahebrücke erst vor Kurzem beseitigt.
 
Literaturhinweise
Döhn, Hans Eisenbahnpolitik und Eisenbahnbau in Rheinhessen 1835-1914, Mainz 1957
Hinkel, Erich Strategische Eisenbahndrehscheibe zwischen Bingen und Gau-Algesheim - Ill. In: Mainz-Bingen: Heimat-Jahrbuch. - 46 (2002), S. 145-147
Loos, Josef Die Hindenburgbrücke bei Bingen, In: Mainz-Bingen: Heimat-Jahrbuch. - 23 (1979), S. 59-62
Schweitzer, Dr. E Die Geschichte der Hindenburgbrücke, In: Rheingauische Heimatblätter - 1991, S. 1-6
Schweitzer, Dr. E Die Geschichte der Hindenburgbrücke - Die Entstehung des Eisenbahnnetzes im Raume Bingen/Rüdesheim, In: Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte: DGEG-Nachrichten. - Nr. 49; Juni 1982